Am Reformationstag brachte unser Kantor Stephan Hebold die „Gloria“, seine Orgel, zum Klingen. Zwei Jubilare wirkten bei diesem Festkonzert zusammen, die Königin der Instrumente zu ihrem 66. Geburtstag und er, der Orgelmeister, anlässlich seiner 30 Berufsjahre in unserer Gemeinde. Und wie er tätig ist, das zeigt er uns mit der Vielseitigkeit seines Programms.

Es beginnt bildlich mit dem Einzug der Gäste am Hofe bei Pauken- und Trommelwirbel und musikalisch mit Variationen von Samuel Scheidt über ein Thema von John Dowland – Per-lenketten von Tönen auf und ab in frühbarocker Pracht.

Dann folgt ein Orgelwerk von Johann Sebastian Bach in barocker Klangfülle – mitreißend das Praeludium, zuversichtlich die Fuge, deren Kantatenthema uns hier in Dur zuruft: „Ich hatte viel Bekümmernis, aber deine Tröstungen erquicken meine Seele.“

So erquickt hören wir nun heitere und virtuose Orgelstücke von Petrali, Salomé und Wolstenholme (keine Salon- oder Straßenmusik, sondern unterhaltsam und gut zu hören). Dann lädt uns zu Louis Viernes großartigem „Carillon of Westminster“ ein Bild ein, mit dem Bus über die Themse zum Parlament und zur Abtei zu fahren und dabei das
bekannte Thema des Glockenspiels mitzusummen.

Hier und auch bei dem folgenden Bolero von Louis Lefébure-Wély lässt Stephan Hebold seine Liebe zur französischen Orgelmusik des 19. und 20. Jahrhunderts erkennen, und dabei helfen ihm seine Getreuen mit Pauken, Saxophon und lustvollem Schreien. So kann die Stimmung bei Scott Joplins kuriosem Jazzstück über einen „perfekten Arbeitsplatz“ mit Minibar, Ohropax und Sportschau sich nur noch steigern. Bis dann die Überraschung kommt:

Udo Jürgens‘ Lied „Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an“, das Stephan Hebold mit immer neuen Einfällen variiert: als Choral, à la Beethoven, als Walzer, auf Chinesisch, als Gospelsong und im Jazz-Stil – köstliche Einfälle, beklatscht und bejubelt. Noch einmal Lefébure-Wély zum Ausgang, und dann: Begeisterung pur, die Pfarrerin dankt dem Jubilar, alle geben gerne für die so gelungene Unterhaltung und hoffen auf weiterhin gute Zeiten für die Orgel und ihren Meister.

Claus-Jürgen Wizisla